Barriere-FREI-Tag im Februar: Behindertenparkplätze

„Ich bleib nur mal kurz für fünf Minuten stehen!“, ist wohl der Klassiker unter den Aussagen jener Menschen, die ohne Berechtigung auf einem Behindertenparkplatz ihr Fahrzeug abstellen.

„Obwohl es diese Parksünder immer wieder gibt, habe ich in meiner Wohnumgebung grundsätzlich positive Erfahrungen gemacht“, meint Hannes Wiesinger, Rollstuhl-Fahrer aus Wels und mehrfacher Funktionär bei unterschiedlichen Interessensvertretungen. „Sowohl Parksheriffs als auch Polizeiorgane achten sehr aufmerksam darauf, dass auf den ausgewiesenen Behindertenparkplätzen tatsächlich nur berechtigte Personen parken.“

Die örtliche Nähe ist oft der ausschlaggebende Grund dafür, warum sehbeeinträchtigte Menschen mit Parkausweis gem. § 29b StVO bzw. deren Begleitpersonen einen Behindertenparkplatz nutzen. „Die erweiterte Breite des Parkplatzes ist für Menschen mit Sehbeeinträchtigung meist nicht relevant, daher nutzen viele unserer Mitglieder auch reguläre Stellflächen, wenn es solche in Zielnähe gibt, und achten darauf, Behindertenparkplätze für Menschen mit Gehbeeinträchtigung freizuhalten“, so Susanne Breitwieser, Obfrau des Blinden- und Sehbehindertenverbandes Oberösterreich und selbst Betroffene. „Bekannte Wege zurückzulegen ist für Menschen mit Sehbehinderung meist kein Problem. Wenn es aber Ausnahmesituationen gibt, wie etwa einen Krankenhaus- oder Arztbesuch und man angespannt ist, leidet darunter die hohe Konzentration, die erforderlich ist, um als blinder Mensch einen Weg zu bewältigen. Wenn die Strecke dann noch zusätzlich in unbekannter Umgebung liegt und es ungewohnte Geräusche und Gegebenheiten gibt, wird es noch stressiger. Ein möglichst kurzer Weg ist da schon wichtig“, so Breitwieser. Auch wenn eine Begleitperson dabei ist, ist diese womöglich selbst von der für sie meist ungewohnten und belastenden Situation gefordert.

Behindertenparkplätze befinden sich in unmittelbarer Nähe zu Eingängen und/oder zu wichtiger Infrastruktur.

Mehr Achtsamkeit und Be-Achtung

„Die Sensibilität für das Thema ‚Behindertenparkplätze‘ ist in der vergangenen Zeit durchaus gewachsen“, so Nikolaus Authried, Leiter der Rechtlichen Beratung des ÖAMTC. „Das allgemeine Verständnis für die Sinnhaftigkeit dieser Parkplätze ist durchaus gegeben.“

Auch Passanten weisen „Falschparker“ immer wieder auf die Achtung eines Behindertenparkplatzes hin. Dies kennt auch Barbara Sereinig aus Windhaag bei Perg, Angehörige eines Parkausweis-Inhabers: „Wenn ich ohne Gehbehinderung aus dem Auto steige, werde ich oft von Passanten angesprochen, wieso ich denn mein Auto auf einem Behindertenparkplatz abstelle. Auch wenn es etwas mühsam ist, ständig erklären zu müssen, dass ich das als Begleitperson – mein Ehemann sitzt neben mir und besitzt einen entsprechenden Parkausweis – tun darf, so stimmt mich die Achtsamkeit der Mitmenschen doch zuversichtlich“, so Sereinig.

Ähnliche Situationen kennt auch eine Betroffene, die aufgrund einer schwerwiegenden psychischen Behinderung (Panikattacken und soziale Phobien) keine öffentlichen Verkehrsmittel nutzen kann und deshalb Inhaberin des Parkausweises ist, und immer wieder auf Unverständnis der Passanten stößt. Auch die Parkaufsicht kontrolliert stets sehr genau, ob der Parkausweis auch wirklich auf sie ausgestellt ist. Wenngleich sie sich seitens der Passanten mitunter etwas mehr Höflichkeit wünscht, befürwortet sie es, dass die Parkberechtigung von offizieller Stelle genau überprüft wird, damit niemand ungerechtfertigt, auch nicht für einen kurzen Moment, unberechtigt auf einem Behindertenparkplatz hält oder parkt.

„Wenn jemand mit dem Auto vorbeifährt und gezielt einen Behindertenparkplatz sucht, dieser aber besetzt ist, hat er oder sie nicht immer die Möglichkeit, einfach mal schnell aus dem Auto zu steigen und zu kontrollieren, ob das abgestellte Auto dort berechtigterweise parkt. Also geht man davon aus, dass der Parkplatz wohl länger belegt sein wird und fährt weiter… Es gibt allerdings nicht sehr viele Behindertenparkplätze, und eine Stellfläche in großer Entfernung vom Zielort ist für Menschen mit Behinderung nicht immer nutzbar“, schildert die betroffene Person die Problematik.

Als Zivilperson etwaige Parksünder zu belehren, bringt erfahrungsgemäß wenig. „Mich mit diesen Personen zu streiten ist aber auch nicht meine Aufgabe, denn die Rechtslage ist klar. Bei besonders unbeirrbaren Wiederholungstätern, deren Auto ich bereits kenne, mache ich ein Foto und informiere die Polizei“, so Hannes Wiesinger.

Wie schön wäre es doch, wenn dieser Schritt auf dem Weg zu mehr Barrierefreiheit bald nicht mehr notwendig ist… Arbeiten wir gemeinsam daran, eine möglichst barrierefreie Welt für alle zu gestalten.

Auch wenn es das Symbolbild so suggeriert, Behindertenparkplätze sind nicht nur für Rollstuhlfahrerinnen bzw. Rollstuhlfahrer vorgesehen.

INFO-HINWEIS 1:

Parkausweis gem. § 29b StVO – für wen?

Behindertenparkplätze sind mit gutem Grund für Menschen mit Behinderung vorgesehen. Diese Stellflächen sind unter anderem in unmittelbarer Nähe eines (Geschäfts-)Eingangs bzw. im innerstädtischen Bereich zentral gelegen. Es ergeben sich dadurch kürzere Zugangswege, die für Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen – nicht nur für Rollstuhlfahrerinnen oder Rollstuhlfahrer – Barrieren verringern.

Denn auch wenn es das Symbolbild so suggeriert, Behindertenparkplätze sind nicht nur für Rollstuhlfahrerinnen bzw. Rollstuhlfahrer vorgesehen. Sei es aufgrund einer Geh-, Seh-, psychischen oder anderen Behinderung: Jene Menschen, die in ihrem Behindertenpass die Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ haben, haben Anspruch auf einen Parkausweis gem. § 29b StVO. Wer auf einem Behindertenparkplatz hält oder parkt, muss diesen Parkausweis vorweisen können oder – wenn die Fahrerin bzw. der Fahrer nicht selbst nutzungsberechtigt für den Ausweis ist – es muss die Person, auf die den Ausweis zugelassen ist, mit dabei sein.

INFO-HINWEIS 2:

Sicheres Aus- und Einsteigen

Damit Menschen mit Behinderung ein sicheres Ein- und Aussteigen möglich ist, verfügen Behindertenparkplätze über eine erweiterte Breite gegenüber herkömmlichen Parkplätzen. Vor manchen öffentlichen Gebäuden wie etwa Schulen oder Krankenhäusern gibt es außerdem Behindertenparkplätze mit Überlänge, um ein sicheres und rasches Ein- und Aussteigen mit einer Rollstuhlrampe zu ermöglichen.

Zudem dürfen Inhaberinnen bzw. Inhaber eines Parkausweises kostenlos und zeitlich unbegrenzt in der Kurzparkzone parken und in zweiter Spur und an Straßenstellen, an denen ein Halte- und Parkverbot gilt, halten (hier aber nicht parken).

INFO-HINWEIS 3:

Rechtslage: Kein Kavaliersdelikt!

Das klassische „Ich bleib nur mal kurz fünf Minuten stehen!“ ist problematisch und kein Kavaliersdelikt. Deshalb ist Missbrauch nicht nur asozial, sondern hat seit der Novelle der StVO auch strafrechtliche Konsequenzen.

Unberechtigt auf einem ausgewiesenen Behindertenparkplatz zu halten oder zu parken ist ein Verwaltungsdelikt: „Wer ungerechtfertigt einen Behindertenparkplatz nutzt, muss mit einer Strafe von durchschnittlich etwa 100 Euro rechnen, der maximale Strafrahmen beträgt sogar bis zu 726 Euro“, so Nikolaus Authried, Leiter der Rechtlichen Beratung des ÖAMTC. „Weiters besteht auch die Möglichkeit, das Fahrzeug ohne Parkausweis nach § 29b StVO abzuschleppen.“

Über den Barriere-FREI-Tag

Barrieren beginnen im Kopf, deshalb ist Bewusstseinsbildung der erste Schritt auf dem Weg zu mehr Barrierefreiheit. Im Rahmen des Barriere-FREI-Tags nimmt sich FOKUS MENSCH jeden ersten Freitag im Monat einer Thematik zur Förderung der Barrierefreiheit an. Best Practice Beispiele, Inputs von Betroffenen, positive Aktionen, Info-Veranstaltungen, aber auch unterhaltsame Mitmach-Erlebnisse mit Aha-Effekt sind Teil unserer Serie.

Über Fokus Mensch

FOKUS MENSCH (Trägerverein OÖZIV) setzt sich als Interessenvertretung für die Anliegen von Menschen mit Behinderung sowie deren Angehörige ein.

Neben den zahlreichen Angeboten, die von Ehrenamtlichen in vielen Regionen Oberösterreichs organisiert und durchgeführt werden, sind wir als Träger von Einrichtungen mit den Angeboten Wohnen, Arbeiten und Begleitung für Menschen mit Behinderung tätig. Fokus Mensch hat ein Ziel – die ganzheitliche Inklusion. Denn: Selbstbestimmt und selbstständig das Leben zu meistern ist der gemeinsame Wunsch von uns Menschen.

Wer mit dem Rollstuhl unterwegs ist und ein entsprechendes Verladegerät für das Auto hat, braucht einen Parkplatz mit erweiterter Breite.

Fotos (© Fokus Mensch)

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