Die meisten Menschen wissen über ihre Rechte Bescheid oder wissen zumindest, wo sie sich Informationen dazu holen können. Auf dem Weg in eine inklusive Gesellschaft sollte dies auch für Menschen mit Behinderung selbstverständlich sein. Deshalb hat Fokus Mensch den Themen-Tag „Mein Leben – meine Rechte“ ins Leben gerufen: Rund 150 Menschen waren bei dieser Fachtagung am 30. Juni in Ohlsdorf zu Gast und haben sich mit ihrem Recht auf ein selbstbestimmtes Leben mit voller Teilhabe an allen gesellschaftlichen Bereichen befasst.
Bei der gesamten Fachtagung wurde auf größtmögliche Barrierefreiheit geachtet. Gebärdendolmetscherinnen begleiteten den ganzen Tag die Programmpunkte, eine Illustratorin veranschaulichte sämtliche Vorträge am Vormittag und induktive Höranlagen waren in allen Veranstaltungsräumlichkeiten im Einsatz.
„Wir unterstützen Menschen dabei, eigene Visionen zu entwickeln und ihre Ziele bestmöglich zu realisieren, anstatt andere über sich entscheiden zu lassen. Diese Botschaft geht nicht nur an Einzelpersonen, sondern auch an die Wirtschaft und Politik unseres Landes“, so Fokus Mensch-Landesobmann Wolfgang Neuhuber in seiner Eröffnungsrede.
Weiters begrüßten Soziallandesrat Wolfgang Hattmannsdorfer, die Ohlsdorfer Bürgermeisterin Ines Mirlacher und Bundes-Behindertenanwältin Christine Steger die Gäste.
Zahlreiche Vorträge und Workshops bereicherten die Fachtagung: Den Beginn machte der Vortrag des VertretungsNetzes, wobei die Erwachsenenvertretung genauer erläutert wurde. Die Frage, wer etwas für mich entscheiden darf und von wem ich möchte, dass sie oder er das macht, stand hierbei im Mittelpunkt.
Welche Gesetze mit den damit verbundenen Rechten und Pflichten für Menschen mit Behinderung grundsätzlich gelten und wozu sich Österreich im Rahmen der UN Behindertenrechts-Konvention verpflichtet hat, das hat Felix Steigmann vom Österreichischen Behindertenrat dargelegt. Zwar ist aufgrund der Konvention kein Rechtsanspruch gegeben (eine Konvention ist kein Gesetz) und damit sind versäumte Verpflichtungen nicht einklagbar, jedoch kann durch die öffentliche Darlegung etwaiger Missstände Druck aufgebaut werden. Wie jeder Mensch seine eigenen Wünsche erkennen und die persönlichen Ziele bestmöglich verwirklichen kann, schilderte Nicolette Blok im Vortrag „Personenzentriertes Arbeiten“.
„Mir gefällt es hier sehr gut. Die Themen sind alle wichtig und interessant. Am Nachmittag bin ich beim Workshop zu meinen Rechten angemeldet“, so Willi Hofstadler, einer der Teilnehmer vom Themen-Tag und Interessensvertreter für Menschen mit Behinderung bei Fokus Mensch.
Eine der größten Barrieren in ihrem privaten Umfeld schilderte Birgit Brunsteiner, Mutter eines jugendlichen Sohnes mit Down-Syndrom, im Podiumsgespräch: „Die Barrieren sind uns vor allem dort begegnet, wo es darum geht, in der Freizeit integriert zu sein. Ich wünsche unserem Sohn einen Freundeskreis, der nicht von uns Eltern organisiert ist, sondern der sich von selbst findet – so wie bei jedem anderen Menschen auch.“
Bei der Podiumsdiskussion nach der Mittagspause waren Gäste aus Politik, Gesellschaft und Angehörige von Menschen mit Behinderung geladen. Jede und jeder brachte verschiedene Sichtweisen zutage und ermöglichte einen gelungenen Austausch auf Augenhöhe. Auch wenn nicht immer alle einer Meinung waren, so haben alle wertschätzend miteinander gesprochen und einander zugehört.
Am Nachmittag starteten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in die Workshops. Die Frage, die bei allen Workshops im Mittelpunkt stand, war: Was möchte ICH? Sei es beim Workshop zur Persönlichen Zukunftsplanung, wo sich die Menschen mit ihren Lebensträumen und Zielen beschäftigt haben oder beim Sexualworkshop „Was kribbelt da so schön?“, wo es darum ging, herauszufinden, was mir und meinem Körper guttut oder bei der Schreibwerkstatt, wo jede und jeder Texte verfassen konnte, die sich ganz stark mit dem eigenen Leben beschäftigt haben – der Fokus lag ganz programmgemäß immer auf „Mein Leben – meine Rechte“.
Abschließendes Highlight war das Geburtstags-Konzert der Band „5/8erl in Ehr’n“ anlässlich 20 Jahre Feichtlgut, eine Einrichtung von Fokus Mensch, in Ohlsdorf. Hierbei feierten Gäste der Fachtagung gemeinsam mit Konzertbesuchern ab. Außerdem freute sich Feichtlgut-Einrichtungsleiter Johann J. Gruber darüber, dass alle Bandmitglieder von „5/8erl in Ehr’n“ einige Weinflaschen des im Rahmen der Inklusiven Beschäftigung von Menschen mit Behinderung geernteten Weins handsigniert haben. Die Fan-Flaschen gibt es auf Anfrage beim Fokus Mensch-Service Center gegen eine Spende zu erstehen.
Fokus Mensch freut sich über eine gelungene Fachtagung und möchte sich bei allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern dafür bedanken, dass sie sich getraut haben, für neue Ideen offen zu sein und den Mut bewiesen haben, für sich einzustehen.
Durch die Fachtagung führte Sabine Kronberger, die mit ihrer professionellen und herzlichen Moderation den Tag bereicherte.